Sexuelle Störungen

Wie Sexualität erlebt wird, ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Gleichzeitig verändert sich Sexualität auch im Laufe des Lebens. Bestimmte Lebensphasen wie Schwangerschaft und Geburt oder die Wechseljahre können ebenso die Sexualität beeinflussen wie die Partnerschaft. Alltagsprobleme wie Stress im Beruf oder die Sorge um Angehörige, aber auch körperliche Erkrankungen spielen beim sexuellen Erleben ebenfalls eine Rolle.

Was ist eine sexuelle Störung?

Was eine sexuelle Funktionsstörung oder Dysfunktion ist, hängt stark vom soziokulturellen Umfeld ab. Der gesellschaftliche Wandel bestimmt, was in der Sexualität als Störung gilt – oder auch nicht. Unter einigen Fachleuten gilt bereits der Begriff der Funktion als problematisch, da Sexualität nicht auf bestimmte Funktionen einzugrenzen sei.

Als sexuelle Funktionsstörung gelten derzeit solche Störungen, die bei den Betroffenen einen Leidensdruck erzeugen und die ihr sexuelles Erleben in uner­wünschter Weise behindern. Sexuelle Dysfunktionen sind somit eng an das individuelle Erleben gekoppelt. Doch gerade bei Frauen sind sexuelle Störungen noch nicht hinreichend untersucht. Einige Fachleute fordern daher, die Störungssymptome unabhängig vom persönlichen Leidensdruck zu bewerten, um sie besser erforschen zu können.

Ursachen sexueller Störungen

Bei sexuellen Dysfunktionen wird oft unterschieden, ob es eine organische Ursache für die Störung gibt oder nicht. Gynäkologische Erkrankungen wie eine Gebärmuttersenkung aber auch Endometriose, Stoffwechselerkrankungen beispielsweise Diabetes mellitus, Hormonveränderungen in den Wechseljahren oder psychische Erkrankungen wie Depressionen können das sexuelle Wohlbefinden beeinflussen. Auch Operationen, beispielsweise die Entfernung der Brust oder der Gebärmutter aufgrund einer Krebserkrankung, können bei Frauen das eigene Körperempfinden verändern und sich auf die Sexualität auswirken. In manchen Fällen haben bestimmte Medikamente ebenfalls einen Einfluss.

Ein niedriges Selbstwertgefühl und ständiges Grübeln können ebenso ein Faktor sein. Häufig spielt auch der Druck „funktionieren“ zu müssen eine Rolle. Die Angst nicht so reagieren zu können, wie es gewünscht ist, kann das Unbehagen noch verstärken. Der Rückzug von der Partnerin / dem Partner und Spannungen in der Beziehung können die Folge sein. 

Zunehmend wird bei Diagnose und Behandlung sexueller Störungen auf das Zusammenwirken von körperlichen, seelischen, soziokulturellen und beziehungs­bezogenen Faktoren geachtet.

Formen sexueller Störungen

Zwei systematische Ansätze beschreiben die aktuellen Kategorien von sexuellen Dysfunktionen. Es handelt sich dabei zum einen um die International Classi­fication of Diseases (ICD) der Weltgesundheitsorganisation WHO. Zum anderen definiert die American Psychiatric Association ein Diagnostisches Manual für seelische Störungen (DSM).

Für Frauen werden aktuell die folgenden sexuellen Dysfunktionen benannt und zum Teil kontrovers diskutiert:

  • Störung des sexuellen Verlangens
    („Ich habe überhaupt keine Lust auf Sex“)
  • Störung der sexuellen Erregung
    („Ich habe Lust, aber mein Körper reagiert nicht“)
  • Schmerzstörungen
  • Orgasmusstörungen
    („Ich habe nie oder nur selten sexuelle Höhepunkte“)

Ausschlaggebend ist für viele Fachleute, dass die betroffenen Frauen unter der so genannten Dysfunktion leiden. Können sie mit den beschriebenen Phänomenen gut leben, besteht keine behandlungsbedürftige Dysfunktion.

Diagnose sexueller Störungen

Frauen mit sexuellen Funktionsstörungen können sowohl medizinische Hilfe als auch seelisch-therapeutische Unterstützung finden. Bei einer körperlichen und gynäkologischen Untersuchung kann festgestellt werden, ob organische Ursachen vorliegen. In diesem Zusammenhang können auch Tests auf verschiedene sexuell übertragbare Infektionen durchgeführt werden. Darüber hinaus wird in einem ausführlichen Gespräch geklärt, wie sich die Störung äußert und welche bisherigen sexuellen Erfahrungen die Frau gemacht hat.

Behandlung sexueller Störungen

Liegt eine körperliche Ursache für die Störung vor, kann diese durch eine entsprechende Behandlung überwunden werden. Häufig spielen bei sexuellen Störungen auch psychische Gründe eine Rolle. In diesen Fällen kann eine Gesprächs- oder Sexualtherapie hilfreich sein. Häufig wird dabei auch die Partnerin / der Partner mit einbezogen. 

Wichtig ist in jedem Fall: Für Frauen, die unter einer sexuellen Funktionsstörung leiden, gibt es Rat und Hilfe. Bei Ärztinnen und Ärzten, in vielen Familien­bera­tungs­stellen, beispielsweise der pro familia, und bei speziellen sexualtherapeutischen Angeboten. 

Darüber hinaus sollten betroffene Frauen das Gespräch mit der Partnerin/dem Partner suchen. Möglicherweise fällt es schwer über die eigenen Wünsche, Bedürf­nisse, Gefühle aber auch Probleme zu sprechen. Gemeinsam lassen sich jedoch häufig Wege finden mit den Herausforderungen umzugehen.

Deutsches Ärzteblatt (2020). Prävalenzschätzungen sexueller Dysfunktionen anhand der neuen ICD-11-Leitllinien. https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=215853; letzter Zugriff: 24.06.2024.

pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. (2015). Wenn Sexualität sich verändert… Sexualität und Älterwerden. www.profamilia.de/publikationen; letzter Zugriff: 24.06.2024.

pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. (2016). Lustwandel. Sexuelle Probleme in der Partnerschaft. www.profamilia.de/publikationen; letzter Zugriff: 24.06.2024.

Gesellschaft für Virologie e.V. (GfV) (2021). Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. S2k-Leitlinie. AWMF Registernummer: 093-001. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/093-001; letzter Zugriff: 24.06.2024.

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Letzte Aktualisierung: Juni 2024