Risikofaktoren für die psychische Gesundheit
Die psychische Gesundheit wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Meist müssen mehrere Umstände gleichzeitig auftreten, bevor sich eine psychische Erkrankung entwickelt.
Zusammenwirken von Risikofaktoren
Eine Rolle für die psychische Gesundheit spielen biologische Faktoren, wie die erbliche Veranlagung oder die Gehirnchemie. Belastende Lebensereignisse wie Unfälle, sexueller Missbrauch oder häusliche Gewalt sowie psychische Probleme in der Familie, wie zum Beispiel Alkoholabhängigkeit eines Elternteils, können das Risiko eine psychische Störung zu entwickeln, zusätzlich erhöhen. Traumatisierungen durch Fluchterlebnisse und Migrationserfahrungen sowie Diskriminierung und soziale Benachteiligung sind ebenfalls eng mit der Entstehung seelischer Störungen verbunden. Auch Alkohol, Tabletten und Drogen beeinträchtigen die psychische Gesundheit. Eine Abhängigkeit kann die Symptome psychischer Erkrankungen verstärken oder die Störungen sogar auslösen.
Das Zusammenspiel der Faktoren bestimmt darüber, wie anfällig ein Mensch ist, aus dem psychischen Gleichgewicht zu geraten. Die individuelle Anfälligkeit dafür bestimmt, wie sich stressige Lebens- und Arbeitsbedingungen oder belastende Ereignisse wie schwere Erkrankungen oder eine Trennung auf einen Menschen auswirken. Frauen, die stressige Zeiten als weniger belastend wahrnehmen, können mit Krisensituationen besser umgehen. Andere Frauen hingegen überfordert manchmal bereits der normale Alltag.
Herausforderungen in bestimmten Lebensphasen
Bestimmte Lebensphasen im Erwachsenenalter können Frauen vor besondere Herausforderungen stellen und Auswirkungen auf ihr seelisches Wohlbefinden haben:
Nach der Entbindung müssen sich die Frauen sowohl psychisch als auch physisch auf die Veränderungen einstellen. Manche von Ihnen entwickeln während des Wochenbettes psychische Störungen, beispielsweise eine Wochenbettdepression oder eine Wochenbettpsychose.
Negative Arbeitsbedingungen wie Stress, permanente Über- oder Unterforderung sowie mangelnde Anerkennung oder Mobbing können psychische Probleme verstärken oder die Erkrankung erst auslösen. Auch die Doppelbelastung durch Familie und Beruf spielt in diesem Lebensabschnitt gerade für Frauen eine wichtige Rolle. Auf der anderen Seite können sich auch der Verlust der Arbeit und andauernde Arbeitslosigkeit als psychische Belastung darstellen.
Durch die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren unterliegen viele Frauen Stimmungsschwankungen sowie Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Andere weinen schnell, haben Angstgefühle, sind nervös oder schnell reizbar. In einigen Fällen kann sich sogar eine behandlungsbedürftige Depression entwickeln. Gleichzeitig ereignen sich in der Lebensmitte häufig private Umbrüche, wie der Auszug der Kinder oder der Beginn der Rente, die manche Frauen als belastend empfinden.
Zwar haben es Frauen meist besser als Männer gelernt, sich auf die Veränderungen des Alters einzustellen. Jedoch steigt das allgemeine Erkrankungsrisiko bei vielen psychischen Störungen wie Depression, Angststörungen und Demenz mit dem Alter an. Zudem leiden viele ältere Menschen zusätzlich an Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die die Symptome psychischer Erkrankungen verstärken können. Darüber hinaus müssen Menschen in dieser Lebensphase häufig mit dem Verlust der Partnerin / des Partners und zunehmender sozialer Isolation zurechtkommen.
Mehrfachbelastungen von Frauen
Frauen sind einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt. Sie sind es, die in Deutschland nach wie vor den Großteil der Familienarbeit leisten. Das bedeutet, dass sie zum großen Teil neben dem Beruf zusätzlich den Haushalt führen, die Kinder betreuen und Angehörige pflegen. Leiden letztere unter einer Demenz, ist die Herausforderung besonders groß.
Besonders berufstätige Frauen sehen sich einer Doppelbelastung gegenüber, die zu dauerhaftem Stress und psychischen Erkrankungen führen kann. Darüber hinaus können die Phasen vor und nach der Geburt eines Kindes und die Menopause die Wahrscheinlichkeit eines psychischen Ungleichgewichts erhöhen. Auch alleinerziehende Frauen, alleinlebende Frauen oder Frauen, die sich aufgrund eines niedrigen Einkommens mit Altersarmut konfrontiert sehen, sind besonders starken Belastungen und Stress ausgesetzt.
Auf Belastungen, denen wir in unserem Lebensalltag ausgesetzt sind, reagiert der Organismus mit Stress: Unser Körper befindet sich dann in einer dauerhaften körperlichen und psychischen Anspannung. Biologisch gesehen handelt es sich bei Stress um einen Alarmzustand, der den Organismus auf eine höhere Leistungsbereitschaft einstellt. Dieser Zustand ist nicht generell schlecht: Kurzfristiger Stress kann die Leistungsfähigkeit steigern und helfen, schwierige Aufgaben zu meistern.
Risikofaktor Stress
Zwischen Beruf, Familie, Partnerschaften und persönlichen Ansprüchen lässt sich Stress im Leben vieler Frauen jedoch nicht vermeiden. Chronischer Stress tritt dann auf, wenn die Häufigkeit und Intensität der Belastungen die eigenen Ressourcen zur Stressbewältigung übersteigen. Rund ein Viertel der Menschen in Deutschland fühlt sich häufig gestresst. Frauen fühlen sich häufiger gestresst als Männer. Jede dritte Frau hat schon einmal extremen Stress erlebt (Männer: 21 Prozent). Dauerhafter Stress, kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Betroffene Frauen sind anfälliger für körperliche Erkrankungen wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Migräne, Schlafstörungen, sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Störungen wie Depressionen oder Burn-out-Syndrom.
Ob Frauen Stress als Belastung oder als Herausforderung sehen, und ob er sich negativ auf die Gesundheit auswirkt, hängt von vielen Faktoren ab. Frauen, die mit ihrem Leben zufrieden sind, eine Aufgabe haben, die ihnen Spaß macht, und ein soziales Umfeld, das sie unterstützt, haben gute Voraussetzungen mit Stress gut umzugehen. Darüber hinaus ist ein ausgewogenes Verhältnis von Anspannung und Entspannung für die psychische Gesunderhaltung sehr wichtig.
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Tipps zum Weiterlesen
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Konflikte lösen – Mobbing verhindern
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Gesundheitliche Chancen und Risiken
- Umweltbundesamt: Klimawandel und psychische Gesundheit
- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) e.V.: Begleitung von traumatisierten Frauen während Schwangerschaft und Geburt in der frauenärztlichen Praxis
Letzte Aktualisierung: April 2024