Wechselwirkungen bei Medikamenten

Etwa 5 bis 10 Prozent der Krankenhauseinweisungen sind nicht durch eine zugrunde liegende Krankheit bedingt, sondern lassen sich auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückführen. Grund sind häufig die Wechselwirkungen von zu vielen Medikamenten nebeneinander. Aber nicht nur die Wechselwirkungen von Medikamenten untereinander, sondern auch die Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln sind von Bedeutung. Sie sollten dementsprechend ernst genommen werden.

Tipps, um Wechselwirkungen zu vermeiden

  • Erstellen Sie eine Liste aller verschriebenen und frei gekauften Medikamente sowie Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel. Dies gilt auch für Präparate, die Sie in Drogerien oder Supermärkten gekauft haben. Haben Sie die Liste bei Arztbesuchen und in der Apotheke immer dabei.
  • Nennen Sie bei jedem Arztbesuch alle auf Ihrer Liste notierten Medikamente, verschrieben und frei verkaufte, sowie Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Produkte.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, zu welchem Zeitpunkt Sie die Medikamente einnehmen und ob Sie bestimmte Nahrungsmittel meiden sollen. Schreiben Sie sich Besonderheiten auf und legen Sie Ihre Notizen an einem gut zugänglichen Ort ab (z. B. neben dem Küchenradio, an der Kühlschranktür).
  • Lesen Sie sich den „Beipackzettel“ Ihres Medikaments genau durch.

Wechselwirkungen zwischen Medikamenten

Je mehr Medikamente eingenommen werden müssen, desto größer ist die Gefahr, dass sich die Wirkung dieser Mittel gegenseitig beeinflusst. Dies führt entweder zu einer Verstärkung oder Abschwächung bis hin zur Aufhebung des erwünschten Effekts. Aber auch unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen) einzelner Medikamente können durch die gleichzeitige Gabe verstärkt werden. 

Gerade für ältere Patienten, die aufgrund mehrerer Erkrankungen („Multimorbidität“) - wie z. B. Bluthochdruck, Diabetes und Rheuma - eine entsprechende Anzahl an Medikamenten einnehmen müssen, stellen diese Wechselwirkungen ein ernst zu nehmendes Problem dar. Häufig ist eine Unterscheidung von medikamenten- und wechselwirkungsbedingten Nebenwirkungen nicht möglich.

Die Wechselwirkungen zwischen den jeweiligen Medikamenten können komplex sein. Abhängig von der persönlichen Situation sind Wechselwirkungen bedeutsam oder sind durch einfache Maßnahmen vermeidbar. Manche Wechselwirkungen sind so schwerwiegend, dass die Medikamente auf gar keinen Fall zusammen eingenommen werden dürfen. Unter „Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen“ finden sich Hinweise im „Beipackzettel“ (Gebrauchsinformation). 

Medikamente, bei denen Wechselwirkungen in der Behandlung häufig eine Rolle spielen, sind:

  • blutzuckersenkende Medikamente (orale Antidiabetika)
  • blutverdünnende Medikamente (Antikoagulantien)
  • Medikamente bei Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika)
  • Medikamente bei Herzschwäche
  • Medikamente bei Depressionen (Antidepressiva)
  • empfängnisverhütende Medikamente (orale Kontrazeptiva)
  • Medikamente gegen Bakterien und Viren (Antibiotika und Virustatika) 

Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln

Nicht nur Wechselwirkungen mit Medikamenten, sondern auch mit Nahrungsmitteln sind von Bedeutung und sollten genauso ernst genommen werden. Medikamente können unter­schiedlich wirken, wenn sie mit dem Essen oder mit Getränken eingenommen werden. Die Wirkung des Medikaments kann sich verstärken oder abgeschwächt werden.

So gilt generell, dass durch eine entsprechende Auswahl der Nahrungs­mittel sowie der richtigen Einnahmezeit eines Medikaments die Wirkung positiv beeinflusst werden kann.

Auch sollte während der Einnahme von Medikamenten auf Genussmittel wie Alkohol verzichtet werden. Die Wirkung kann auf unkontrollierte Weise verstärkt oder vermindert werden. Zudem können Nebenwirkungen durch den gleichzeitigen Genuss von Alkohol verstärkt auftreten.

Hinweise für die richtige Einnahme von Medikamenten finden sich in der Packungsbeilage. Auch der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin und der Apotheker oder die Apothekerin können Informationen zur richtigen Einnahme geben.

Der Einfluss der Nahrung auf die Wirksamkeit von Medikamenten kann von verschiedenen Faktoren abhängig sein:

  • der chemischen Struktur des Wirkstoffes,
  • dem pH-Wert des Wirkstoffes,
  • der Dosis,
  • der Wirkstoffform (Tablette, Dragee, Tropfen etc.),
  • der Menge, Konsistenz und Zusammensetzung der Nahrung,
  • den zeitliche Abstand zwischen der Medikamenteneinnahme und der Nahrungszufuhr.

Daneben spielt auch die Geschwindigkeit, mit der der Magen entleert wird, eine wichtige Rolle. Sie entscheidet darüber, wann das Medikament den Dünndarm erreicht und von wo es vom Körper aufgenommen werden kann.

Sehr fetthaltiges oder sehr heißes Essen aber auch eiskalte Getränke können dazu führen, dass der Speisebrei überdurchschnittlich lange im Magen verweilt. Dadurch gelangen gleichzeitig eingenommene Medikamente erst viel später in den Darm und ihre Wirkung setzt verlangsamt ein.

Auch die Zusammensetzung der jeweiligen Nahrungsbestandteile spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Wechselwirkungen, z. B.:

  • Kohlenhydratreiches Essen (Nudeln, Reis, Brot, Kartoffeln u.a.) führt zu einer Wirkverstärkung von Theophyllin, ein Mittel, welches aufgrund seiner bronchienerweiternden Wirkung bei Asthma und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung eingesetzt wird.
  • Indometacin, ein Schmerzmittel, wird bei einer kohlenhydratreichen Ernährung schlechter vom Körper aufgenommen als bei einer eiweißreichen Mahlzeit.
  • Griseofulvin, ein „fettliebender“ Wirkstoff gegen Pilzerkrankungen, wird bei einer fettreichen Mahlzeit besonders gut vom Körper verarbeitet.

  • Kaffee, Tee (Gerbstoffe)
    Medikament: eisenhaltige Medikamente zur Behandlung des Eisenmangels
    Wirkung: Verminderung der Medikamentenwirkung
  • Lakritze
    Medikament: bestimmte blutdrucksenkende Medikamente (harntreibende Diuretika)
    Wirkung: erhöhte Gefahr für unerwünschte Wirkungen (z.B. Muskelschwäche, Herzbeschwerden)
  • Wein, Käse (Tyramin-haltige Lebensmittel)
    Medikament: Medikamente zur Behandlung von Depressionen (MAO-Hemmer)
    Wirkung: erhöhte Gefahr für unerwünschte Wirkungen
  • Grapefruit(saft)
    Medikament: bestimmte blutdrucksenkende Medikamente (z.B. Amlodipin, Felodipin, Nifedipin), cholesterinsenkende Mittel (Statine wie Simvastatin) und Medikamente, die die Reaktion des Immunsystems beeinflussen (Immunsuppressiva)
    Wirkung: verlangsamter Abbau der Wirkstoffe, dadurch verstärkte Wirkung und verstärkte unerwünschte Nebenwirkungen möglich
  • Milch und Milchprodukte
    Medikament: Medikamente zur Behandlung bakterieller Infektionen (Antibiotika) und zur Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung (Schilddrüsenhormone), Medikamente zur Behandlung der Osteoporose (Bisphosphonate), Mittel zur Vorbeugung von Karies (Fluoride)
    Wirkung: Hemmung der Medikamentenaufnahme und Verringerung der Wirksamkeit
  • Vitamin-K-haltige Lebensmittel
    Medikament: blutgerinnungshemmende Medikamente
    Wirkung: Risiko für unerwünschte Blutungen kann steigen
  • Vitamin C-haltige Getränke (Orangensaft)
    Medikament: eisenhaltige Medikamente zur Behandlung des Eisenmangels
    Wirkung: verbesserte Aufnahme des Eisens
  • Ballaststoffe
    Medikament: Medikamente zur Behandlung der Depression, cholesterinsenkende Mittel (Statine) und Medikamente zur Behandlung einer Schilddrüsenerkrankung (L-Thyroxin), Herzmedikamente (Digoxin) sowie Schmerzmittel (Paracetamol)
    Wirkung: Verschlechterte Aufnahme der Wirkstoffe
  • Alkohol
    Medikament: Schlaf- und Beruhigungsmittel
    Wirkung: verstärkte Wirkung

Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln

Generell gilt, dass bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung keine zusätzlichen Ergänzungsmittel eingenommen werden müssen. Sollte die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt jedoch einen Mangel an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen (z.B. B-Vitamine, Eisen, Calcium) festgestellt haben, kann es unter bestimmten Umständen sinnvoll sein, Nahrungsergänzungsmittel kurzfristig einzunehmen. Zu beachten ist allerdings, dass - wie Lebensmittel - auch Nahrungsergänzungsmittel Wechselwirkungen mit Medikamenten eingehen können.

  • Nahrungsergänzungsmittel, die Calcium enthalten, können die Wirkung von Bisphosphonaten verringern
  • Nahrungsergänzungsmittel, die Calcium enthalten, können die Wirkung von Antibiotika verringern
  • Nahrungsergänzungsmittel, die Glucosamin enthalten, können die Wirkung von blutgerinnungshemmenden Medikamenten verstärken, was das Risiko für Blutungen erhöht

ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (2024). Faktenblatt Polymedikation. https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Faktenblaetter/Faktenblatt_Polymedikation.pdf; letzter Zugriff: 07.10.2024

Aktories, K., Förstermann, U., Hofmann, F. B. & Starke, K. (2004). Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie: Begründet von W. Forth, D. Henschler, W. Rummel (9. Aufl.). Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH. 

Ammon, H. & Hunnius, C. (2004). Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch (9. neu bearb. und erw. Aufl.). De Gruyter.

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Letzte Aktualisierung: Mai 2023