Was ist Schlaf?
Der Mensch verbringt etwa ein Drittel seiner Lebenszeit mit schlafen: Etwa acht Stunden täglich und damit ungefähr genauso viel Zeit, wie auch ein Vollzeitjob in Anspruch nimmt. Doch Schlaf ist keine verlorene Zeit: Denn während wir schlafen, regeneriert und repariert sich unser Körper. Das Gehirn ist hochaktiv, verarbeitet die Informationen des Tages, trennt Wichtiges von Unwichtigem.
Schlafmangel und die Folgen
Schlaf ist unverzichtbar und eine wesentliche Voraussetzung für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Ausgeschlafen fühlen wir uns voller Tatendrang und gewappnet für die Aufgaben und Herausforderungen des Alltages. Wer nicht gut schläft, ist dagegen tagsüber leicht reizbar, fühlt sich erschöpft und antriebslos und kann sich schlecht konzentrieren. Ebenso können Appetitslosigkeit, Übelkeit, Muskelschmerzen oder Koordinationsstörungen sowie Stressgefühle und Stimmungsschwankungen auftreten. Zudem steigt das Risiko für Arbeitsunfälle und Unfälle im Straßenverkehr. Auch die Beziehung zum Partner / zur Partnerin oder zu Arbeitskolleginnen und -kollegen kann durch unzureichenden Schlaf belastet werden.
Dauerhafter Schlafmangel vermindert jedoch nicht nur kurzfristig die Lebensqualität, sondern kann langfristig negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. So steigt das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für Depressionen. Bei anhaltenden Schlafproblemen sollten Sie deshalb unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt oder aufsuchen.
Schlaf-Wach-Rhythmus: Die innere Uhr
Unsere innere Uhr diktiert uns, wann wir müde werden und wann wir wach sind. Diese innere Uhr wird auch „zirkadianer Rhythmus“ genannt und funktioniert auch ohne äußere Einflüsse; sie spielt sich aber durch Licht und Dunkelheit auf einen 24-Stundentag ein. Unser innerer Taktgeber ist ein winziger Zellhaufen, der so genannte suprachiasmatische Nucleus (SCN). Er liegt im Gehirn zwischen der Zirbeldrüse (Epiphyse) und der Netzhaut, die ihm Lichtsignale vermittelt und so die innere Uhr ständig mit dem äußeren Licht abgleicht. Der genaue Ablauf ist sehr komplex.
Er wird vor allem durch das Schlafhormon Melatonin beeinflusst. Nur bei Dunkelheit wird das Melatonin von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und in den Blutkreislauf abgegeben. Es steuert die Körpertemperatur, den Blutdruck, den Stoffwechsel und hat Einfluss auf das Immunsystem. Zudem regt Melatonin die Ausschüttung weiterer Hormone an. Zwischen zwei und vier Uhr nachts ist die Melatoninkonzentration am höchsten; sie sinkt langsam in der zweiten Nachthälfte wieder ab, Licht stoppt die Produktion.
Auch das Erwachen wird hormonell gesteuert: Zwischen sechs und acht Uhr morgens ist die Konzentration des Wachmacherhormons Cortisol am höchsten. Bei Tagesanbruch kommen die Botenstoffe Dopamin und Serotonin hinzu.
Schlafphasen
Bei gesunden Erwachsenen zeigt sich ein regelmäßiger Schlafrhythmus, der sich alle 90-110 Minuten wiederholt. Jeder dieser Zyklen unterteilt sich in vier Schlafstadien:
- Übergang vom Wachzustand zum Schlafen
- Leichtschlaf
- Tiefschlaf
- Traumschlaf (REM-Schlaf)
In der Einschlafphase ist der Schlaf noch leicht. Der Bewusstseinszustand wechselt zwischen Schlafen und Wachsein, wir sind leicht aufzuwecken. In der zweiten Schlafphase werden die Gehirnfunktionen langsamer, gelegentlich treten noch Aktivitätsschübe auf. Phase eins und zwei sind zusammen etwa so lang wie die folgenden beiden Phasen, drei und vier; diese bilden die Tiefschlafphase.
In der dritten Phase erholen sich Körper und Immunsystem. Die Atmung und der Herzschlag werden langsamer, die Muskeln entspannen sich. In der vierten Phase (REM-Phase) spielen sich hauptsächlich die Träume ab. Jetzt ist das Gehirn wieder sehr aktiv, Herzschlag und Atmung werden schneller, die Muskelspannung kommt jedoch völlig zum Erliegen. REM bedeutet „rapid-eye-movement“, also so viel wie „schnelle Augenbewegungen“. Tatsächlich ist durch die geschlossenen Lider des Schlafenden zu erkennen, wie sich die Augäpfel rasch hin und her bewegen. Am Ende des Schlafzyklus wird der Schlaf wieder leichter. Es gibt Menschen, die nun fast oder ganz aufwachen, bis der nächste Schlafzyklus folgt. Insgesamt kommt es pro Nacht sogar bis zu 20 Mal zu einem kurzen Aufwachen. Die meisten Personen schlafen jedoch so rasch wieder ein, dass sie sich am nächsten Tag nicht daran erinnern können.
In jeder Nacht durchlaufen wir vier bis sechs solcher Schlafzyklen. Mit zunehmendem Alter wird die Gesamtschlafzeit insgesamt kürzer und wir erwachen häufiger. Zudem verkürzen sich die Tief- und Rem-Schlafphasen, wohingegen die zwischenzeitlichen Wachphasen länger werden.
Der richtige Rhythmus und die richtige Länge der einzelnen Schlafphasen entscheiden darüber, ob der Schlaf für Sie erholsam ist oder nicht. Um den Schlaf positiv einzuleiten, empfiehlt es sich, die Tipps der Schlafhygiene zu beachten.
Schlafdauer
Wie viel Schlaf wir brauchen, ist sehr unterschiedlich. Generell schlafen Kinder länger als Erwachsene und ältere Menschen kommen eher mit weniger Schlaf aus. Als Durchschnittswerte gelten:
- Neugeborene: 16 Stunden
- Kinder zwischen 1 bis 6 Jahren: 11 bis 14 Stunden
- Kinder zwischen 6 bis 12 Jahren: 9 Stunden
- Bis zum 20. Lebensjahr: 7 bis 9 Stunden
- Ab 20 bis 50 Jahre: 7 bis 9 Stunden
- Zwischen 55 bis 60 Jahren: 6,5 Stunden
- Ab 80 Jahren: 6 Stunden
Im mittleren Alter benötigen Frauen etwas mehr Schlaf als Männer, was sich ab einem Alter von etwa 50 Jahren wieder angleicht.
Doch der individuelle Schlafbedarf kann davon stark abweichen. Schlafen Sie zu wenig oder ist der Schlaf nicht erholsam, wirkt sich das auf den Wachzustand am Tag aus. Sie fühlen sich unter Umständen müde, leicht reizbar und können sich nicht gut konzentrieren.
Auch bei gesunden Erwachsenen ist das Befinden im Wachzustand nicht durchgehend gleich. So ist beispielsweise ein Leistungstief am frühen Nachmittag ganz normal. Dann erhöht sich das Schlafbedürfnis, das Sie für einen kurzen, erholsamen Mittagsschlaf nutzen können, der allerdings 20 bis 30 Minuten nicht überschreiten sollte. Bei Müdigkeitsattacken zum Beispiel am Arbeitsplatz ist das sogenannte Power-Napping wirkungsvoll, wenn es die Art der Arbeit zulässt. Dieser kurzzeitige Schlaf zwischendurch kann regelmäßige Schlafzeiten nicht ersetzen, aber zumindest kurzfristig die Wachsamkeit und Leistungsfähigkeit steigern.
Ältere Menschen tendieren generell zum sogenannten polyphasischen Schlaf. Das heißt, sie machen einen ausgiebigen Mittagsschlaf und verkürzen die reine Nachtschlafzeit. Ob durch einen Mittagsschlaf allerdings unzureichender Nachtschlaf aufgeholt werden kann, ist bislang nicht ausreichend untersucht. Sie sollten selbst ausprobieren, was für Sie das Beste ist. Bei anhaltenden Ein- und Durchschlafstörungen wird allgemein kein Nickerchen am Tage empfohlen, um den Schlafdruck am Abend zu erhöhen.
Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (2009). Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen - Schlafstörungen. S3 Leitline. Somnologie 2009, 13:4–160.
DOI 10.1007/s11818-009-0430-8. https://www.dgsm.de/fileadmin/dgsm/leitlinien/s3/S3-Leitlinie_Nicht_erholsamer_Schlaf-Schlafstoerungen.pdf; letzter Zugriff: 12.07.2023
Fietze, I. (2015). Über guten und schlechten Schlaf. Verlag Kein & Aber
Tipps zum Weiterlesen
- Gesundheitsinformation.de: Was ist „normaler“ Schlaf?
- Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) e.V.: Schlafstörungen - Ratgeber für Patienten
- DAK Gesundheit: Müdes Deutschland: Schlafstörungen steigen deutlich an
- AOK Gesundheitsmagazin: Wer stellt bei den verschiedenen Chronotypen die innere Uhr?
Letzte Aktualisierung: Juli 2023