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Vertrauliche Spurensicherung nach häuslicher Gewalt und Sexualstraftaten vereinbart
Thüringen startet im Dezember die Vertrauliche Spurensicherung am Universitätsklinikum Jena. Betroffene von sexualisierter und häuslicher Gewalt können kostenfrei und anonym Beweise sichern lassen, ohne sofort Anzeige erstatten zu müssen. Damit ist gesichert, dass sich Gewaltbetroffene in Ruhe überlegen können, ob sie Strafanzeige stellen.
„Die Vertrauliche Spurensicherung kann zwar keine Tat ungeschehen machen. Aber sie kann den betroffenen Menschen helfen, das Erlebte zu verarbeiten und auch nach vielen Monaten noch die Verfolgung der Verantwortlichen zu ermöglichen. Damit erhalten die Betroffenen ein großes Stück Handlungsfreiheit zurück.“, betont Gabi Ohler, Gleichstellungsbeauftragte des Landes Thüringen.
Bei der Vertraulichen Spurensicherung werden die Betroffenen nach einer Gewalttat untersucht. Es werden Proben genommen, dokumentiert und für mindestens drei Jahre aufbewahrt. In diesem Zeitraum können die Betroffenen Strafanzeige erstatten. Die Spuren liegen dann gerichtsfest vor und können nicht von einem Richter oder einem gegnerischen Anwalt für ungültig erklärt werden.
Wer von Gewalt betroffen ist, kann diese Telefonnummer der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena anrufen: 03641 – 939 71 97
Im Jahr 2023 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik deutschlandweit 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten. Die Opfer häuslicher Gewalt stiegen sogar auf 180.175 an. Zudem wurde 938-mal versucht, Mädchen und Frauen zu ermorden – in 360 Fällen ist dies gelungen. Es gab also nahezu jeden Tag einen Femizid. Und das ist nur das Hellfeld! Die Vertrauliche Spurensicherung kann helfen, weiter Licht in das Dunkelfeld zu bringen. Wer zunächst in einem geschützten Rahmen Spuren sichern lassen kann, entscheidet sich vielleicht auch nach vielen Monaten noch die Verfolgung der Täter vornehmen zu lassen.
Grundsätzlich sollen sich Frauen so sicher fühlen können, dass sie gleich Strafanzeige erstatten. „Wer schneller angezeigt wird, hat weniger Zeit, neue Gewalttaten zu begehen.“, stellt die Landesgleichstellungsbeauftragte fest. „Mit der Vertraulichen Spurensicherung gehen wir einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum besseren Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt.“
Hintergrund-Information:
Die Vertrauliche Spurensicherung ist im Sozialgesetzbuch V in den §§ 27 und 132 k geregelt. In § 27, Abs. 1, Nr. 6, Satz 6 heißt es: „Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.“
Zitiert nach einer Pressemitteilung des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vom 09.12.2024