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Profi-Fußball: Frauen vs. Männer

Eine Studie zu geschlechtsspezifischen Unterschieden im Profi-Fußball zeigt: Es gibt keine Unterschiede in der taktischen Leistungsfähigkeit zwischen Frauen und Männern.

Mit einem provokanten Werbespot haben die deutschen Nationalspielerinnen im Vorfeld der Fußball-WM der Frauen humorvoll mit alten Klischees gespielt. Im Spot heißt es über Frauenfußball: „Wie Amateur­fußball, nur in Zeitlupe“. Doch wo liegen objektive Unterschiede zwischen dem Spielverhalten von Frauen und Männern? Das hat eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln untersucht, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Anhand von Event- und Positions-Daten wurde die fußballspezifische taktische Leistungsfähigkeit von Frauen und Männern in Europa verglichen.

Um unterschiedliche physiologische und anatomische Merkmale beider Gruppen auszu­blenden und geschlechts­spezifische Bias bei der Bewertung von Fußballspielen zu vermeiden, war die zentrale Idee der Studie, sogenannte Event- und Positions-Daten von Frauen und Männern auf höchstem Spiel­niveau mit­einander zu vergleichen. Zur Bewertung wurden 12 taktische Schlüssel-Indikatoren (Key Performance Indices = KPIs) herangezogen. Als objektive Analysewerkzeuge kamen neu entwickelte KPIs und sport­infor­ma­tische Analyse­verfahren zum Einsatz, die unter anderem auf künstlichen neuronalen Netzen basieren.

Professor Daniel Memmert, Leiter der Studie: „Nimmt man „verblindete“ Event- und Positions-Daten zu Hilfe, bei denen keine Rückschlüsse auf das Geschlecht möglich sind und in denen somit keine Frauen-Vorurteile „versteckt“ sein können, finden wir in keiner unserer zwölf taktischen Leistungs­variablen signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern.“

Ausgewertet wurden bei den Event-Daten beispielsweise: Anzahl Pässe, Anzahl erfolgreicher Pässe, Passerfolgsquote, Anzahl Flanken, Anzahl Dribblings, Anzahl Rettungsaktionen, Anzahl Torabschlüsse. Die Analyse eventbasierter KPIs zeigte, dass individualtaktische Ereignisse in Frauen- und Männerspielen in ähnlicher Häufigkeit auftreten. Auf der Basis von Positions-Daten wurden Pass-Druck-Effizienz-Maße, verschiedene Pressing-Indices sowie verschiedene Zugewinn-Raumkontrolle-Strafraum-Parameter und Angriffsdrittel-Parameter in den Blick genommen. Die Positions-Datenbasierte Analyse offenbart, dass Frauen und Männer vergleichbare Werte in allen taktischen Variablen aufweisen. Zusammen­fassend konnte gezeigt werden, dass im Gegensatz zu bisherigen videobasierten Analysen bei der Verwendung objektiver, datenbasierter Analyseverfahren keine Unterschiede in der fußballspezifischen takti­schen Leistung zwischen Frauen und Männern im Hochleistungs-Fußball erkennbar sind.

Professor Daniel Memmert bilanziert: „Da trotz zahlreichen Anfragen bei Verbänden und Vereinen keine große Stichprobe an auswertbaren Datensätzen erzielt werden konnte, wünsche ich mir, dass zukünftig mehr Positions- und Event-Datensätze von Frauen-Fußballspielen generiert und der Forschung zur Verfügung gestellt werden.“

Die Erkenntnisse können objektive Rückschlüsse auf die Ausbildung von Spieler*innen ermöglichen, zur Weiterentwicklung und Professionalisie-rung des Frauenfußballs im Bereich Taktik beitragen und helfen, die öffentliche Wahrnehmung und die Attraktivität des Frauenfußballs auf Basis objektiver Bewertungs­kriterien zu fördern.

Das Projekt des Instituts für Trainingswissenschaft und Sportinformatik wurde durch das UEFA-For­schungs­stipendienprogramm unterstützt. Dieses Programm der Union Europäischer Fußballverbände (UEFA) richtet sich an Akademiker*innen, die in Partnerschaft mit den nationalen Verbänden Forschung betreiben, um die strategische Entscheidungsfindung im europäischen Fußball zu verbessern.

Zitiert nach einer Pressemitteilung der Deutschen Sporthochschule Köln vom 28.05.2020