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Herztod-Risiko im jungen Alter: Ärzte sollten auf diese Warnhinweise achten

Weichensteller für Spezialversorgung: Hausärzte können für Risikopatienten für plötzlichen Herztod erste Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen sein.

Der plötzliche Herztod ist mit jährlich über 65.000 Verstorbenen die häufigste Todesursache außerhalb von Krankenhäusern in Deutschland. Bei einem Großteil der Betroffenen bestand eine langjährige Erkrankung der Herzkranzgefäße, die koronare Herzkrankheit (KHK). Weil die KHK als häufigste Risikokrankheit des plötzlichen Herztods meistens erst bei älteren Menschen konkret in Erscheinung tritt, nehmen viele Menschen den plötzlichen Herztod und seine Ursachen eher als ein Problem des Alters wahr. „Allerdings kommt es auch bei jungen sportlichen Menschen unter 40 Jahren – wenn auch selten – zu einem plötzlichen Herztod“, sagt Herzspezialist Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Viele dieser Todesfälle in jungen Jahren ließen sich vermeiden, wenn die Betroffenen und ihre Familien, etwa bei einer erblichen Vorbelastung, über ihr Risiko für den „Sekundentod“ Bescheid wüssten und sich in medizinischer Betreuung befänden. „Leider wissen nur viele dieser betroffenen Familien nicht, dass auch sie sich untersuchen lassen sollten. Für Angehörige von Betroffenen kann dieses Wissensdefizit ebenfalls fatale Folge haben“, betont Prof. Dr. Silke Kauferstein, Leiterin des Zentrums für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main.

Aufklärungskampagne adressiert auch Ärztinnen und Ärzte

Mit der Initiative „Gemeinsam gegen den plötzlichen Herztod“ haben die Deutsche Herzstiftung, das Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome am Universitätsklinikum Frankfurt und die Sportmedizin Saarbrücken/Universität des Saarlandes jetzt eine Aufklärungskampagne gestartet. Sie machen auf Informationsangebote für Betroffene und auf Spezialambulanzen mit Diagnose-, Therapie- und Präventionsangeboten unter https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten aufmerksam. 

Adressaten der Kampagne sind darüber hinaus Haus- und Allgemeinärzte sowie Internisten. Ziel ist es, auch sie für diese Patientengruppe und die klassischen Vorboten eines plötzlichen Herztods zu sensibilisieren und zugleich die Informationen darüber an ihre Patienten weiterzugeben. Die Initiative bietet für Arztpraxen, Kliniken und Apotheken ein kostenfreies Info-Paket mit Plakaten und Postkarten zur Auslage an. Es kann über die Kampagnenseite im Internet, per Telefon unter 069 955128-400 oder per Mail unter versand(at)herzstiftung.de (Stichwort: „Info-Paket gemeinsam gegen plötzlichen Herztod“) bestellt werden.

Auf Warnsignale für ein Herztod-Risiko in jungen Jahren achten

In etwa 40 Prozent der Fälle sind die Betroffenen eines plötzlichen Herztodes im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Im Alter von eins bis 40 Jahren kommt es schätzungsweise zu jährlich 1.000 bis 2.000 Todesfällen durch plötzlichen Herztod in Deutschland – bei hoher Dunkelziffer. Prof. Kauferstein und der Herzstiftungs-Vorsitzende Prof. Voigtländer fordern deshalb mehr Aufklärung in der Bevölkerung – und auch unter niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. „Der plötzliche Herztod bei jungen, scheinbar gesunden Menschen erscheint zwar oft als das erste Anzeichen der zugrundeliegenden Erkrankung am Herzen, weil diese lange ohne eindeutige Beschwerden verlaufen können“, erläutert Prof. Kauferstein. „Allerdings sehen wir bei unseren detaillierten Untersuchungen von plötzlichen Herztodesfällen durchaus Warnsignale, die oftmals verkannt wurden.“ Medizinerinnen und Mediziner sollten daher auf die folgenden Warnsignale achten:

  • Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen), besonders bei spezifischen Auslösern wie Stress, schriller Wecker, sportlicher Belastung
  • Krampfanfälle ohne eindeutig pathologische Befunde (z. B. Epilepsie) einer Elektroenzephalographie (EEG)
  • plötzliche ungeklärte Todesfälle in jungen Jahren in der Familie
  • plötzlicher unerwarteter Tod im Wasser
  • nicht erklärbarer Autounfall (auch bei bekannter Epilepsie)
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und/oder Herzschrittmacherpflichtigkeit vor dem 50. Lebensjahr

„Wer beispielsweise ohne erkennbaren Grund einfach so auf dem Weg zum Supermarkt in Ohnmacht fällt, sollte diesen Ohnmachtsanfall beim Arzt abklären lassen“, betont Prof. Kauferstein im Herzstiftungs-Podcast zu diesem Thema. Dieser ist zu hören unter https://herzstiftung.de/junge-herzen-retten

„Aufgrund möglicher erblicher Komponenten, die diese lebensgefährlichen Herzereignisse begünstigen, müssen wir potenzielle Risikogruppen – allen voran Angehörige, die in der Familie bereits einen jungen Menschen mit einem plötzlichen Herztod haben – für diese Thematik sensibilisieren“, so Prof. Kauferstein. Denn das kann auch Geschwister oder die Eltern selbst schützen.

Was führt am häufigsten zum plötzlichen Herztod im jungen Alter?

Ursachen des Herztodes im jungen Alter sind neben angeborenen Herzfehlern sowie Veränderungen der Herzkranzgefäße (Koronaranomalien) und Herzmuskelentzündung (Myokarditis) vor allem genetisch bedingte Herzerkrankungen. Genvarianten zählen zu den häufigsten Ursachen des plötzlichen Herztods im jungen Alter. Zugleich stellen sie einen großen Anteil an plötzlichen Herztodesfällen, die trotz Obduktion ungeklärt bleiben: immerhin 40 Prozent der Herztodesfälle bei den 1- bis 40-Jährigen. Diese Fälle werden auch „Sudden Arrhythmic Death Syndrome“ (SADS) genannt. Hinter SDAS können sich Genvarianten verbergen, die zu elektrischen Herzerkrankungen, so genannten Ionenkanalerkrankungen, mit Potenzial für bösartige Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern führen (z. B. Long-QT- und Brugada-Syndrom, katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie, kurz: CPVT). Andere Genvarianten können aber auch zu strukturellen Veränderungen des Herzmuskels (Kardiomyopathien) führen wie beispielsweise der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARVC).

Familienangehörige potenzielle Risikopatienten: Untersuchungen können schützen

Bei ungeklärten plötzlichen Herztodesfällen in jungen Jahren – hierzu können auch der Tod im Schlaf oder der unerklärbare plötzliche Tod im Wasser zählen – wird eine Untersuchung der Verstorbenen inklusive postmortaler Gendiagnostik empfohlen. Auch die Untersuchung der Angehörigen in direktem Verwandtschaftsverhältnis wird dringend empfohlen. Die betroffenen Familien können sich dazu an eine eigens dafür eingerichtete Spezialambulanz wenden, wo bei ihnen selbst eine kardiologische und gegebenenfalls genetische Untersuchung im Hinblick auf ein Risiko für einen plötzlichen Herztod erfolgt. Das Frankfurter Zentrum für plötzlichen Herztod ist eine solche Anlaufstelle für Betroffene. „Familienangehörige sind potenzielle Risikopatienten, weil die genetisch bedingten Herzerkrankungen häufig mit einem 50-prozentigen Risiko für Angehörige ersten Grades einhergehen, selbst Träger der Genveränderung zu sein“, erklärt die Molekularbiologin Kauferstein. Eine kardiologische Untersuchung dieser Verwandten ersten Grades „kann daher Hinweise erbringen, die zur Prävention des plötzlichen Herztodes oder von anderen lebensbedrohlichen Herzereignissen beitragen“. Denn viele dieser Erkrankungen sind gut behandelbar bzw. es gibt Vorsichtsmaßnahmen.

Zitiert nach einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung vom 10.07.2023.