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Herzschutz aus der Kapsel? Griff zur Vitaminpille birgt Risiken

Deutsche Herzstiftung informiert, wann Nahrungsergänzungsmittel für Herzpatienten sinnvoll sind und wann sie sogar schaden können

Ob Betacarotin, Vitamin D oder Fischöle: Die Auswahl an Nahrungsergänzungsmitteln ist scheinbar grenzen­los. Gerade für Herzpatienten sollen sie förderlich sein, immer wieder ist von positiven Wirkungen einzelner Nährstoffe auf Herz und Kreislauf zu lesen. Doch ist die Einnahme solcher Mittel wirklich so sinnvoll wie die Werbung behauptet? Wer braucht überhaupt eine Nahrungs­ergän­zung und was passiert bei einer Überdosierung? „Eine unkontrollierte Einnahme von Nahrungs­ergän­zungs­mitteln kann schädlich sein“, warnt Prof. Dr. med. Hans Hauner vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung in der aktuellen Ausgabe der Herzstiftungs-Zeitschrift HERZ heute. „Nahrungs­ergän­zungs­mittel sollten nicht einfach so ins Blaue hineingenommen werden. Nur bei einem nachgewiesenen Mangel unter ärztlicher Kontrolle sind sie sinnvoll und unbedenklich“, betont der Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München. Ausführliche Informationen für Herz-Kreislauf-Patienten zum Thema Nahrungsergänzungsmittel bietet die aktuelle Ausgabe HERZ heute 2/2020, die per Tel. unter 069 955128-400 oder per E-Mail unter bestellung(at)herzstiftung.de angefordert werden kann.

Ernährung: Großer Einfluss auf Herz und Kreislauf
Bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt unserer Ernährung neben anderen Risiko­fak­toren wie Bewegungsmangel, Übergewicht und Genetik eine bedeutsame Rolle zu. Nach neueren Auswer­tungen großer Studien aus Europa und Nordamerika wird eine schlechte Ernährung für bis zu 50 Prozent aller Ereignisse (etwa Herzinfarkte, Schlaganfälle) und Tode durch kardiovaskuläre Erkrankungen verant­wortlich gemacht. Umgekehrt konnte die spanische PREDIMED-Studie zeigen, dass die Häufigkeit für Herz­infarkt, Schlaganfall oder Tod durch kardiovaskuläre Krankheiten unter einer mediterranen Ernäh­rungs­weise um 30 Prozent niedriger ist. „Im Alltag fällt es allerdings vielen Menschen schwer, sich gesund zu ernähren“, berichtet die Diplom-Ökotrophologin Susanne Schmidt-Tesch. Die zertifizierte Ernährungs­beraterin am Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin in München sieht darin wie ihr Kollege Hauner einen bedenklichen Trend: „Wen dann das schlechte Gewissen plagt, weil Gemüse, Obst oder pflanzliche Öle immer wieder zu kurz kommen, greift zum Ausgleich gerne zu Nahrungs­ergän­zungs­mitteln. Gerade jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie ist es besonders wichtig, sich gesund zu ernäh­ren und ausreichend zu bewegen, um so sein Herz – auch im Fall einer Ansteckung mit dem Corona­virus – in best­möglicher Form zu halten.

Omega-3-Fettsäuren aus Pflanzenöl statt aus der Kapsel
Ein besonderer Herzschutz wird unter anderem den langkettigen Omega-3-Fettsäuren zugeschrieben, die vor allem in fettreichem Fisch, aber auch in vielen Pflanzenölen wie Lein-, Walnuss- oder Rapsöl vorkom­men. Entsprechend sind viele Fischölkapseln auf dem Markt, die der koronaren Herzkrankheit (KHK) vor­beugen sollen. „Die derzeitige Studienlage spricht aber nicht für einen Nutzen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren beispielsweise in Form von Fischölkapseln“, sagt Hauner. Derzeit gelte immer noch der Rat: Wer sich gesund ernährt, nimmt ausreichend Omega-3-Fettsäuren zu sich. Bei anderen Nähr­stof­fen zeigte sich sogar ein negativer Effekt durch eine langjährige Einnahme von Nahrungs­ergänzungs­mitteln.

Gefahr durch Überdosierung
So zeigte die sogenannte HOPE-Studie aus dem Jahr 2005, dass eine langjährige Einnahme von Vitamin-E-Kapseln das Risiko eine Herzschwäche zu entwickeln erhöhte. Im Übrigen hatte die Einnahme keinen Effekt auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entsprechend zurückhaltend sollten Herz­patienten bei der Einnahme von Nahrungs­ergänzungsmitteln sein. Ernährungsexperte Hauner warnt: „Durch die Kombination von Supplementen und das Anreichern von immer mehr Lebensmitteln mit Vitaminen und Mineralstoffen steigt die Gefahr, dass eine Überdosierung erfolgt und die tolerierbaren Grenzwerte überschritten werden.“ Er fügt hinzu: „Zudem wiegen sich Menschen durch die Einnahme in falscher Sicherheit und vernachlässigen nicht selten eine gesunde Ernährung.“

Ausgewogene Ernährung schützt besser als Vitaminpillen
Einen optimalen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen bietet eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst, Vollkornprodukten, ausreichend Eiweiß sowie pflanzlichen Ölen und Nüssen. Dies entspricht den zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Ebenso wirksam ist eine medi­terrane Ernährung, die neben reichlich Gemüse, Obst und Pflanzenölen auch reichlich Fisch enthält. Auch eine vegetarische, ausgewogene Ernährung kann für Herzpatienten empfohlen werden. In diesem Fall – sowie insbesondere bei veganer Ernährung, also dem Verzicht auf jegliche tierischen Lebensmittel, – sollte auf eine ausreichende Aufnahme an Vitamin B12 geachtet werden. Doch auch hier gilt: Nahrungs­ergänzungsmittel sind nur bei einem nachgewiesenen Mangel unter ärztlicher Kontrolle sinnvoll und unbedenklich.

Zitiert nach einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung vom 30.04.2020

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